Nach dem ultimativ tollen Halbmarathon in Freiburg in einer für mich unglaublichen Bestzeit von 01:32:50 stand nun der Halbmarathon in Mainz an. Ich hab mir lang den Kopf zerbrochen, ob ich 2/3 als Trainingslauf laufen soll, schliesslich ist ja in 3 Wochen mein erster Marathon.

In den letzten Tagen war aber klar, ich bin super gut drauf und möchte Freiburg toppen. Da mir die Jammerei vieler Laufspezis kurz vor Wettkämpfen gerade auf den Keks ging lehnte ich mich weit aus dem Fenster und posaunte eine Zeit unter 01:30 als Ziel hinaus.

Samstag gings mit Freund Uwe zusammen nach Mainz. Das Ummelden (hatte kurzfristig eine Startnummer einer Frau übernommen) war eine mittlere Katastrophe … letztendlich hat es dann aber noch geklappt. Im Vorfeld hatte ich nochmal kurz das Gefühl gehabt, der Lauf ist Nebensache. Nach dieser endlosen Prozedur war klar dass ich was reissen will.

Danach gings zu Kate und Jörg, meinen supernetten Gastgebern für das Wochenende. Gleich war klar, das passt alles und wir trafen uns mit weiteren LäuferInnen aus dem „von0auf42-Laufforum“ zum Essengehen. Hab mich dann auf ne andere Läuferfete verabschiedet, ordentlich Nudeln reingeschaufelt, viel getrunken und klasse geschlafen.

Sonntag morgen nach einem kleinen Frühstück gings zum Treffpunkt mit Greenie, Olaf, Abejita, Staxel, Helmut, Jürgen, Uschi, Bonsai und fragmichnichtwernochalles, alle waren ausreichend nervös und vor dem Start verloren wir uns dann aus den Augen.

Hab mich ein bisschen warmgelaufen, bin sehr kurz vor dem Start in die Startaufstellung rein und schon gings los.

Und wie es losging. Vor mir lief ein Blinder mit Begleitläufer, die wühlten sich supergut durch die Masse langsamerer Läufer. Nach einem Kilometer in gefühlten 6 Minuten zeigte die Uhr 04:20. Ca. 04:15 musste ich im Schnitt laufen, wollte die ersten Kilometer allerdings sowieso in 04:20 angehen. So blieb ich also erst mal hinter meinen beiden „wir machen den Weg frei“ – Läufern. km 2 nach 08:40, perfekt. km nach 13 Minuten, immer noch genau 04:20, die beiden liefen wie ein Uhrwerk. Hier fühlte sich alles so an, als hätte ich keine CHance, das Tempo durchzuziehen, andererseits musste ich noch einen Tick zulegen. in einer Kurve lief ich innen an den beiden vorbei und entschied mich für alles oder nichts. Es ging unspektakulär weiter, ich holte die eine oder andere Sekunde raus, lief aber am Limit und hatte ständig das Gefühl, dass der Einbruch naht.

km 10 lag ich bei 42:45, 15 Sekunden hinter dem Plan, kein Grund zur Sorge. Sorgen machten mir die weiteren 11,1 km. Von der Strecke und der Stimmung bekam ich nicht viel mit, nur in der Altstadt (weiss nicht nach wieviel km das war) bekam ich kurz mal Gänsehaut und genoss das Publikum, klatschte Kids ab und hatte kurze Zeit einen Riesenspass.

Danach ging der Lauf weiter wie gehabt: „meine Uhr und ich“. Irgendwann hatte ich die 15 Sekunden aufgeholt, nun lief ich wie eine Maschine, bei jedem Kilometer lag ich +- 2 Sekunden im Plan, das trieb mich weiter. Ab ca. km 15 ging es eine endlose Gerade aus der Stadt raus, wo mir die schnellen Läufer entgegenkamen, ich nahm kurz die Spitze des Felds wahr, dachte, da wär ich jetzt auch gern und schon war ich wieder in meinen Gedanken allein mit meiner Uhr. Nach dem Wendepunkt auf dem Rückweg gings aufwärts, es kam die Gewissheit, dass ich durchhalte. Verpflegungsstde liess ich links und rechts liegen, ich hatte immer das Gefühl, jede kleine Unterbrechung wirft mich aus dem Rhythmus und jede Sekunde ist wichtig. km 18 exakt im Plan, ein Schrei von Jürgen, der mir entgegenkam tat gut, kurz danach schrie Jörg, der Jürgen auf den Fersen war, ich solle mal gasgeben, ich dachte nur „wenn Du wüsstest…“

km 20 bei exakt 01:25:00, da gabs den Schub… Tschaka… es war geschafft, ich war mir sicher, ich hatte ca. 20 Sekunden Reserve für die letzten 1,1 km und mein Zustand war genausoschlecht wie nach 5 km, es konnte nimmer schiefgehen.

Noch 4 Minuten, noch 3 Minuten, noch 2 Minuten, mehr nahm ich nicht wahr. Dann war die Brücke über dem Ziel zu sehen, ist das wirklich schon das Ziel? Noch 1 Minute, es MUSS das Ziel sein. Endspurt. Noch 30 Sekunden und nur noch so wenige Meter zu laufen, oh, da sind ja Menschenmassen, hier ist ja die Hölle los, Mann, ist das geil. Vor dem Fotograf rumgehampelt, Handküsse ins Publikum verteilt, rumgewunken und gejubelt. Okay, jetzt aber über die Matte, paar Sekunden Sicherheit, man weiss ja nie, fertig. Die Erlösung, mannomann, es war unbeschreiblich, 2 Becher Wasser, etliche Bananen reingepfiffen, mit der Sonne um die Wette gestrahlt.

Dass so ein verbissener, höllischer, eigentlich langweiliger einsamer Kampf gegen die Uhr sowas von geil sein kann, total anders als neulich in Freiburg, dieser lockerleichte Genusslauf, den ich meinte, nimmer toppen zu können.

Laufen kann nicht nur sooooooooooooooo schön sein, laufen kann auch so abwechslungsreich sein. Jedesmal anders.

Kleiderbeutel abgeholt, trockene Klamotten angezogen, geduscht und im fast leeren Massagezelt 25 Minuten lang verwöhnen lassen. Einfach klasse.

Hab dann alle möglichen bekannten Läufer und Läuferinnen an der Strecke angefeuert, Finisher getroffen, gemeinsam gejubelt…

Später trafen wir uns in der Nähe des Ziels und gingen nochmal zu Kate und Jörg. Von da aus nochmal zum Essen, nun war auch noch Martin und einige Mainzer Läufer dabei.

Nach der grossen Verabschiedung ging ich zur 0auf42er – Party, hier war auch eine supertolle Stimmung, lauter Champions, gegen Mitternacht fiel ich erschöpft ins Bett.

Nun sitz ich wieder zuhause, gratuliere vorab mal allen anderen Finishern, freu mich auf weitere Berichte … Offizielle Nettozeit: 01:29:48, Platz 140 von 3539 Männern, AK 36 von 856, darauf bin ich schon verdammt stolz!

Habe fertig.