Ich erspar mir langes Vorgeplänkel, Samstag 06:30 Uhr war Star des Inferno Triathlon 2007, Freitag nachmittag war ich stundenlang mit dem Einchecken der Räder und Laufklamotten beschäftigt, danach noch die überaus witzige Wettkampfbesprechung, Pastaparty und ab ins Bett …

Samstag um 03:30 Uhr klingelte der Wecker, ich schnappte meine belegten Brötchen, einen Kaffee aus dem Automat und setzte mich draussen vor den Eingang des Backpacker Hostel, in dem wir mal wieder wunderbar untergebracht waren. Es war mild draussen, absolut still, ein paar Sterne waren zu sehen, das Wetter schien wirklich wie vorausgesagt hervorragend zu werden. Nach 2 Brötchen, paar Zigaretten und 3 Kaffee weckte ich gegen 04:30 Uhr Sigi, so konnten wir gegen 5 Uhr Richtung Schwimmstart in Thun aufbrechen.

Dort angekommen war immer noch viel Zeit, ich war angespannt aber doch relativ ruhig und zuversichtlich. Ich war mir im Vorfeld sicher, dass ich im Ziel ankommen werde, wenn ich es schaffe, jederzeit mit viel Reserve unterwegs zu sein. Diese innere Ruhe war ein gutes Zeichen.

Schwimmen

Hab mich in meinen Neoprenanzug gepresst und bin ein paar Minuten vor dem Start ins Wasser gegangen. Mannomann, war das kalt! Und schon gings los. Erst mal war es sehr flach und wir wateten ca. 100 Meter weit durchs Wasser. Schön, 3,1 km Wasserwandern, das könnte mir gefallen J Viele Atlethen fingen an zu schwimmen, ich watschelte weiter. 50 Meter weiter wurde es wieder flacher, so dass alle wieder durchs Wasser stapften. Dann gings aber auch wirklich los. Kopf unter Wasser, brrrrrrrrrrrr, saukalt!

Ich schwamm im hintersten Feld und hatte Probleme, geradeaus zu schwimmen. Dummerweise scheinen alle schlechten Schwimmer hinten im Feld dieses Problem zu haben. Ich konnte mich an niemandem orientieren und musste alle 2 bis 3 Züge nach vorne aus dem Wasser schauen, peilen, wo die Begleitboote sind…

Ich kam in keinen Rhythmus. So bin ich schon sehr früh viel Brust geschwommen. Nach einer Weile hatte ich 2 Brustschwimmer in der Nähe, hab mich rechts von denen orientiert und bin wieder gekrault. Da ich nach links atme konnte ich die beiden sehen und einigermassen geradeaus kraulen. Das ging so lang, bis ich beide überholt hatte und einen gewissen Vorsprung hatte. Dann bin ich wieder auf Brustschwimmen umgestiegen, bis die beiden wieder an mir vorbei waren. Kraulend war ich also schneller und entspannter unterwegs. So ging das bis zum Schluss.

Das andere Ufer kam recht schnell näher, die Schwimmerei war gefühlsmässig schneller vorbei als ich dachte, ich war zwar sehr langsam aber auch sehr entspannt im Wasser. Nur die letzten 10 Minuten waren gemein, ich bekam Krämpfe in den Händen, lag sicherlich am kalten Wasser, in der Wechselzone berichteten viele vom gleichen Problem. Nach 1:22:xx versuchte ich, aus dem Wasser zu gehen. Mir war schwindelig, ich musste erst mal ein paar Sekunden stehen bleiben und mich an einem Geländer festhalten, ein Helfer führte mich dann die ersten Meter, danach konnte ich Richtung Fahrrad traben.

Ich musste dringend pinkeln, die Toilette war im Hallenbad, schön warm wars dort und es schwammen sich einige StaffelschwimmerInnen dort aus. Den Inferno Triathlon kann man nämlich auch als Staffel bestreiten. Wieder draussen beim Rausschälen aus dem Neoprenanzug wurde mir schwarz vor Augen, ich musste mich kurz hinsetzen. Danach ging aber alles ganz gut.

Racebike

Nach 15 bis 20 Minuten in der Wechselzone sass ich auf dem Rad. Hier standen erstmals Sigi, Ines und Volker und jubelten mir zu, sie sollten mir im Lauf des Tages noch oft eine Riesenfreude bereiten.
Ohne flaches Pillepalle ging es sofort in den ersten Berg, hoch nach Beatenberg. Eine angenehm zu fahrende Steigung, ca. 700 Höhenmeter, um mich herum waren etliche in etwa gleich schnelle, so dass der Anstieg kurzweilig war. Ein Stück vor dem höchsten Punkt gab ich Gas um ein bisschen Luft nach hinten zu haben, ich kanns nicht leiden, wenn mir in Abfahrten jemand im Genick hängt.

Die Abfahrt lief viel besser als gedacht, von hinten kam niemand und ich konnte sogar 2 Radler überholen, so langsam habe ich glaube ich den Schiss ein wenig abgelegt, Übung macht auch hier den Meister.

Unten in Interlaken stand wieder Sigi an der Strecke und jubelte mir zu. Daumen hoch, alles im grünen Bereich!

Es folgte ein ca. 40 km langes Flachstück am Brienzer See entlang. Ich war bei niedrigem Puls mit ca. 30 km/h unterwegs, dürfte leichter Rückenwind geblasen haben. Kurz hinter Meiringen ging der Spass dann aber los. Der Anstieg zur grossen Scheidegg mit 1445 Höhenmetern begann urplötzlich. Es waren etliche richtig steile Rampen drin und wirklich moderat ging es nie hoch. Ich war froh, mich für mein Rennmountainbike entschieden zu haben und konnte mit sehr kleinen Gängen relativ kraftschonend hochfahren, manche Rennradler sahen aus, als fielen sie gleich kraftlos vom Rad, andere überholten mich in schweren Gängen.

Nach etwa der Hälfte kam dann aber doch ein ca. 2 km langes ebenes Stück. Die Landschaft war grandios, immer wieder waren die Spitzen verschiedener 4000er zu sehen, teilweise hingen Wolken in den Bergen, manchmal riss der Himmel für ein paar Minuten auf.

Irgendwann waren wir oben, schnell die Kniewärmer hochgezogen und ab in die lange Abfahrt. Das war Genuss pur, eine schnuckelige 2einhalb Meter breite schön asphaltierte Strasse runter, nicht zu steil, man konnte es richtig schön laufen lassen. Irgendwann hatte sich ein Grüppchen gebildet, das nicht zu schnell unterwegs war, so dass die Abfahrt nicht die volle Konzentration gefordert hat und keinerlei Sturzgefahr bestand.

Nach 6:35:xx war ich in der zweiten Wechselzone. Auch hier liess ich mir viel Zeit, packte das Werkzeug vom einen Rad ans andere, entsorgte Kniewärmer und Armlinge, schnappte die Hüfttasche mit Ersatzklamotten, futterte in Ruhe bisschen Brot, Riegel, Bananen und schwang mich aufs Mountainbike.

Mountainbike

Auch hier standen wieder Sigi, Ines und Volker, kurzes Schwätzle, Lagebericht und auf gings Richtung kleine Scheidegg, 1180 Höhenmeter, ich dachte, wenn Du da oben bist hast du über die Hälfte geschafft, das klang irgendwie gut.

Nach 500 Metern ebenem Trail gabs ne kleine Überraschung, ein 50 cm breiter und ca. 10 bis 15 Meter langer Steg über ein Flüsschen, nichts dramatisches, man wäre höchtens 1 Meter tief in seichtes Wasser gefallen, normalerweise würde ich da aber nie und nimmer drüberfahren sondern das Rad schultern und drüberspazieren. Bevor ich überlegen konnte war ich drauf. Vor mir einer, hinter mir einer. Augen zu und drüber und siehe da, kein Problem.

Dann gings hoch. Ein Schotterweg zog sich in Serpentinen nach oben. Immer recht steil, ich sah immer wieder die gleichen Gesichter um mich rum, wir kamen alle miteinander ins Gespräch. Beliebte Smalltalk-Treffpunkte waren die Verpflegungsstellen, da war doch jeder froh, mal kurz anhalten zu dürfen ohne sein Gesicht zu verlieren. Die Landschaft und Lichtstimmung war auch hier immer wieder phantastisch und irgendwann waren wir auch kurz vor der Passhöhe an dem berüchtigten Stück, das so gut wie niemand hochfährt. Es war irre steil, schön, zur Abwechslung mal schieben. Wer da hochfährt muss so was von krank sein oder nicht wissen, wohin mit seiner Kraft.

Oben winkte wieder Ines, bester Laune gings in die lange Abfahrt. Die erste Hälfte ein toller Highspeedschotterweg mit mässigem Gefälle, das war mal richtig geil! Kurz vor Wengen bog die Strecke in einen Wald ab, hier wurde der Weg zu einem steilen Trail. Plötzlich wars abartig steil, wurzelig mit grösseren Absätzen drin. Höchststrafe: runterschieben, ich konnte da fast nicht runterlaufen ohne wegzurutschen. War nur ein kurzes Stück so fies, dann gings wieder. Gleich noch eine Schiebestelle und eine dritte. Bei der dritten verpasste ich das Anhalten und aus den Pedalen ausklicken und schon wars zu spät. Arsch hinter den Sattel, Augen zu und durch, mann, war ich stolz, so was mal runtergefahren zu sein. Unten wollte grad ein Mädel wieder auf ihr Rad steigen, meinte, fahr Du vor. Ich sagte, nö, fahr Du vor, ich bin auch nicht so der Held im Gelände, das war grad reiner Zufall.

Ich musste dann aber doch vorfahren, es ging nun irre kleine Serpentinen runter, die Hände schmerzten vom bremsen und Lenker festhalten. Irgendwann rief das Mädel, ich könnte sie nun doch mal vorbeilassen. Na also, geht doch! Sie kam deutlich besser durch die engen Kurven und weg war sie.

Die letzten 5 km gings auf Asphalt ganz leicht hoch nach Stechelberg, wo mich bei der Wechselzone wieder Sigi, Ines und Volker unterstützten. Es ist so was von klasse, immer wieder Freunde an der Strecke zu haben, die die ganze Zeit mitfiebern.

Auch der Wechsel vom MTB aufs Laufen dauerte sehr lange. Ein Dixibesuch musste her, wieder in Ruhe futtern und trinken, umziehen, erzählen, wie toll das alles doch ist usw.

Berglauf

Nun ging es erst mal wieder die 5 km das Tal runter, das ich gerade hochgeradelt war, ich war erstaunt, wie gut ich mit joggen zurechtkam. Das war der einzige Abschnitt, wo ich mal auf die Uhr geschaut hab, weil mich das Tempo interessierte. Ich lief mit etwa 5:30 min/km total rund nach Lauterbrunnen runter und war begeistert. Dann war wandern angesagt. Es ging in Serpentinen steil bergauf. Mich überholte einer, der ganz langsam trabte, ein echter BergLÄUFER, war zwar nur minimal schneller, dennoch, Hut ab! Dann überholte eine Frau im zügigen Wanderschritt, hab kurz überlegt ob ich langsam mal Gas geben soll und mich dranhäng, habs dann aber doch gelassen. Irgendwann waren auch bei der Wanderung immer die selben um mich rum, man traf sich spätestens bei den Verpflegungen wieder, die nun alle paar Kilometer kamen.

Nun traf ich auch ein Mädel wieder, mit der ich schon auf der MTB-Strecke bergauf ne Weile gemeinsam unterwegs war. Sabine aus Garmisch. Wir erzählten und gingen und liefen nun zusammen. Nach ca. 5 km steiler Steigung ging es flach bergauf nach Mürren. Dies war das letzte Stück, das wir getrabt sind, schön, so waren die ersten 17 km des Berglaufs nach ca. 02:40 geschafft, allerdings wussten wir, dass die letzten 8 km noch mal genauso lang dauern können.

In Mürren stand Sigi ein letztes Mal an der Strecke und ich konnte ihr nochmal sagen, dass es mir noch immer unglaublich gut geht und ich wohl so gut wie sicher oben ankommen werde. Sie freute sich, ich freute mich. Sabines Mann war auch aufgetaucht und meinte, wir sollen langsam machen, dann holt er uns beim Nachtberglauf ein und die beiden können gemeinsam ins Ziel laufen.

Ab diesem Zeitpunkt machte Sabine etwas mehr Druck, sie meinte, hey, ich will vor den Nachtläufern im Ziel sein. Das wollte ich auch, aber hallo.

Es kam eine Verpflegungsstelle, an der wir warme Klamotten deponiert hatten, oben erwarteten uns 0°C. Ich tauschte mein kurzes gegen ein langes Shirt und packte eine Weste in die Hüfttasche. Es begann der letzte Teil. Es wurde immer steiler, immer hochalpiner, für einen Kilometer brauchten wir rund 20 Minuten. Immer wieder mal fragte Sabine, ob die Nachtbergläufer schon unterwegs sind. 20:07 war deren Start, da hatten wir in etwa km 5 von 8 erreicht. Ich war mir sicher, dass wir vor dem ersten Nachtbergläufer oben sein werden.

Ca. 1 km vor dem Ziel hörten wir den Sprecher im Ziel, der jeden Finisher herzlich in Empfang nahm, man konnte jedes Wort verstehen. Es sollte aber noch fast eine Stunde vergehen, bis ich dort war. Inzwischen wurde es dunkel und neblig. Wir hatten Stirnlampen bekommen, ich hatte meine in der Hüfttasche verschwinden lassen. Zusätzlich war die Strecke ja mehr oder weniger gut beleuchtet.

Es war eine herrliche Lichtstimmung da oben. Nebel, Scheinwerferlicht, manchmal kurze Blicke auf die hohen weissen Gipfel im Restsonnenlicht. Unbeschreiblich. Irgendwann war Sabine 10 Meter vor mir, fragte, ob alles okay sei. Ja, alles klar, geh weiter, ich hol Dich wieder ein. Dann war sie ausser Sichtweite. Bisschen später bekam ich seltsame Probleme. Ich hatte Probleme, den Weg zu sehen, kraxelte in den Felsen hoch und mir wurde unwohl. Irgendeine Art Angst kroch hoch, dazu Erschöpfung, Nebel, Dunkelheit, manchmal blendendes Scheinwerferlicht, ich war eine zeitlang wie gelähmt und habe mich an irgendwelchen Felsen langgetastet.

An der Strecke war überhaupt nichts gefährlich, ich fühlte mich aber, als kraxelte ich an einem tiefen Abgrund entlang. Ich kam unendlich langsam vorwärts. Dann überholte mich der schnellste Nachtbergläufer mit Stirnlampe, ich erinnerte mich an meine Lampe und packte sie aus. Sofort war die komische Situation vorbei und ich konnte wieder normal weitersteigen. 3 oder 4 weitere schnelle Nachtbergläufer stiegen an mir vorbei, waren total nett und bauten mich auf, sprachen ihren Respekt aus, das tat gut.

Ein letzter Verpflegungsposten mit Blick auf den gut gesicherten Grat, über den es noch ging, dann noch 100 Meter supersteil bergauf und schon stapfte ich die Treppen zur Schilthorn-Aussichtsplattform hoch, wo mir etliche Zuschauer zujubelten und Ines winkte.

20 Stufen Genuss, die Tränen liefen, der Sprecher kündigte mich an, erzählte irgendwelche Geschichten, oben noch ein Stückchen über die Aussichtsplattform und über die Matte, es war ein unglaublich tolles Gefühl, der Sprecher gratulierte, nahm mich in den Arm, Helfer legten mir eine Rettungsdecke um, ich liess einfach die Tränen laufen und genoss den Augenblick. Für solche Momente würde ich auch doppelt so viel leisten, so viel ist sicher, so was gibt’s nicht zu kaufen und auch nicht geschenkt. Wahnsinn!

Im Ziel

Als ich wieder halbwegs auf dem Boden zurück war gings in einen warmen Raum, wo noch jede Menge Verpflegung aufgetischt war. Ich ass und trank eine Menge und beobachtete total abgehoben das Geschehen. Es lagen Finisher mit Krämpfen oder Kreislaufproblemen auf Matratzen rum, wurden von Betreuern versorgt. Anderen ging es gut.

Sabine kam noch auf mich zu und entschuldigte sich, dass sie nicht gewartet hatte, ich sei plötzlich weg gewesen. Hab sie beruhigt, dass das völlig in Ordnung war. Mir ging es immer noch gut, keine Anzeichen von Krämpfen, ich spazierte im Raum hin und her, wollte mich nicht hinlegen, weil ich dachte, dass dann die grosse Müdigkeit kommt. Schliesslich mussten wir noch mit der Seilbahn runter und ins Hostel fahren.

Irgendwann tauchten Sigi, Volker und Ines drinnen auf. Sigi und Volker hatten eine Menge Spass beim Berglauf, waren auch total happy und begeistert von den vielen nächtlichen Eindrücken.

Als alle satt und fürs Erste ausgeruht, trocken und umgezogen waren nahmen wir die Seilbahn nach unten, verabschiedeten uns von Ines und Volker und fuhren zum Hostel. Schnell noch eine heisse Dusche, eine Massage gegen Muskelkater und ab ins Bett.

Das war er, der Inferno Triathlon, nicht in Worte zu fassen, naja, einen Versuch wars wert.

Nochmal herzlichsten Dank an Sigi, Ines und Volker fürs Dabeisein, ihr habt mir eine Riesenfreude gemacht! Danke allen Daumendrückern fürs Mitfiebern.

Race-Bike
Mountainbike
Homepage Veranstalter